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Gedanken zu Führungskultur in Organisationen von Gabriele Hoffmann und Andreas Barth.

„Ich versteh ihn nicht!“ „Die verhält sich nicht nachvollziehbar!“ „Wie kommt der nur auf so was?“

Kennen Sie solche Sätze in Ihrem Leben?
Sehr häufig sind diese ein Symptom für Wertungen, Auseinandersetzungen und Konflikte, die das Miteinander erschweren.

Insbesondere im beruflichen Leben lohnt der Blick auf das „Sich-Verstehen“, denn Untersuchungen* zeigen, dass Mitarbeitende, die sich verstanden fühlen, eine deutlich höhere Bindung ans Unternehmen zeigen.

Menschen, die den Eindruck haben, dass sich niemand für sie interessiert, die sich unverstanden fühlen, reagieren oftmals mit sinkender Motivation. Darüber hinaus erhöht sich das subjektive Stressempfinden bei denen, deren Bedürfnisse übersehen oder ignoriert werden. Mit anderen Worten: Nicht verstanden zu werden kann krank machen.

Doch was ist mit diesem „Sich-Verstehen“ gemeint? Für alles und jeden Verständnis haben? Allem zustimmen? Insbesondere Führungsmenschen, die so agieren, werden es kaum schaffen, konsequent in Wirkung zu gehen und Ergebnisse zu erzielen.

Vielmehr ist mit dem Sich-Verstehen gemeint, sich insbesondere in einer Führungsrolle immer wieder aktiv bewusst zu machen, dass wir alle unterschiedlich „ticken“. Wir haben unterschiedliche Werte, Prägungen, Bedürfnisse und Sichtweisen und eine einzigartige Art und Weise, Informationen wahrzunehmen, aufzunehmen, zu verarbeiten und Handlungen daraus abzuleiten.  

Das echte Sich-Verstehen geht aber noch über das Wissen über die Unterschiedlichkeit hinaus: Es bedeutet, sich tatsächlich mit meinem Gegenüber auseinanderzusetzen, offen und interessiert zu sein, wirklich zu verstehen, was ihn oder sie beschäftigt – auch oder gerade dann, wenn mein Gegenüber für mich nicht nachvollziehbare oder vielleicht sogar störende Verhaltensweisen an den Tag legt.
Für viele Führungsmenschen, die ihre Rolle vor allem als Impulsgeber:in sehen und viel in der „Sender:in“-Rolle sind, eine durchaus anspruchsvolle Aufgabe. Um das sicherzustellen, muss ich mir aktiv die Zeit nehmen, die Kommunikation mit meinem Gegenüber auf das tatsächliche Verstehen hin zu überprüfen. Beim oft hohen Tempo im Beruf und dem menschlichen Hang zu Wertungen kein leichtes Unterfangen. 

Doch die Vorteile liegen auf der Hand: Durch ein ehrliches Interesse am Gegenüber und seinen Erfahrungen schaffe ich Bindung und Vertrauen und gleichzeitig lerne ich Neues und erweitere meine persönlichen Kenntnisse.

Wenn Organisationen ihre Kultur in diese Richtung entwickeln und ihre Mitglieder dabei unterstützen wollen, sich offen mit den Gedanken und Bedürfnissen ihres Umfelds auseinanderzusetzen, braucht es aus unserer Erfahrung als erstes ein Umdenken bei den Führungsmenschen. Zu häufig gibt es den Vorbehalt, dass Verstehen ja auch ein Einverständnis und eine Zustimmung zu der Aussage des Gegenübers ist. Und genau das meinen wir nicht!
Zum anderen braucht es Vorbilder, die diese Form von Austausch leben, dabei authentisch wirken und es schaffen, Vertrauen zu bilden und das „Sich-Verstehen“ erlebbar zu machen: in Gesprächen, in Besprechungen, in Projekten, in der täglichen Zusammenarbeit – Vorbilder, die gleichzeitig produktiv sind.
Des Weiteren empfehlen wir, mit den Führungsmenschen hilfreiche Methodiken zu trainieren: die eigene Wahrnehmung schärfen, offene Fragen stellen, Klarheit über die eigenen Gefühle bekommen, aktiv zuhören und vor allem Sich-Verstehen als neutrales Interesse zu verinnerlichen.

Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass Diskussionen ohne ein wirkliches gegenseitiges Sich-Verstehen oft eine Ursache für Frustration sind. Es lohnt sich, wertfrei unterschiedliche Betrachtungsweisen und Bedürfnisse zu erkunden, insbesondere wenn es darum geht, eine gemeinsame Vorgehensweise zu erarbeiten.In vielen Fällen führt das gegenseitige Verstehen zu neuen Lösungsideen in festgefahrenen Diskussionen, zu einer Öffnung für einen gemeinsamen Weg bei gegenteiligen Ansichten. Es bringt meist einfach bessere Ergebnisse.

Organisationen, die es schaffen, eine Kultur zu etablieren, in der Wert darauf gelegt wird, sich mit unterschiedlichen Ansichten und Beweggründen wertschätzend und offen auseinanderzusetzen und gemeinsam an Lösungen und Entscheidungen zu arbeiten, werden aus unserer Sicht diejenigen sein, die am besten durch die vielfältigen Herausforderungen kommen. Denn sie fördern ein waches Lernen, ein vertrauensvolles Miteinander und ein motivierendes Umfeld.

In diesem Sinne: Heute schon verstanden?

Gabriele Hoffmann, Geschäftsführerin von leaders@work und Andreas Barth, Personalleiter bei VBH, arbeiten seit einigen Jahren in Organisations- und Führungsentwicklungsprojekten zusammen und tauschen sich regelmäßig dazu aus. Dieser Artikel entstand aus einem Gespräch über wesentliche Schritte, um in Organisationen ein Sich-Verstehen zu etablieren.

*Gallup-Studie zur Mitarbeiterbindung

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